Ingo Gräbner

1948 in Lübeck geboren.
Studien in Köln und Freiburg (Jura, Pädagogik und Kunst). Seit 1978 Lehrer an verschiedenen Hauptschulen Kölns. Von 1980 bis 2003 Dozent für Fotografie an der Uni Köln. Aufbau des Atelier Sömmerings und des Ehrenfelder Kunstvereins.
Kommunikative Konzepte, Demonstrative Skulptur, Eingriffe in den Öffentlichen Raum, Environments, Lichtinstallationen, Experimentelle Fotografie, Performances.

Email senden an Ingo GräbnerEmail an Ingo Gräbner

Ingo Gräbner Die gegenseitige Durchdringung von Privatem und öffentlichem ist die Prämisse, auf der mein künstlerisches Handeln fußt. Ich begreife meine Aktivitäten als einen ständigen Prozess von Lehren und Lernen. Die Kunst übernimmt dabei die Funktion einer freien, primär visuellen Gestaltung neuer Sprachformen und Handlungskonzepte. Eigentlich gibt es in diesem permanenten Wandel der Wahrnehmung und des Ausdrucks keine fertigen Ergebnisse. Insofern verstehe ich künstlerische Objekte nur als Medien in komplexen kommunikativen Prozessen. Im Grunde geschieht dies latent in jeder Form menschlichen Lebens und Bewusstseins.

Ziel meines Handelns ist also nicht die Herstellung von Kunstwerken, sondern die Entwicklung von neuen Kommunikationsstrukturen. Das Atelier Sömmering als freier Kunstort, als „Offenes“ Atelier war und ist dafür ein wesentliches Instrument. Hier entstehen die kreativen Konzepte, mit denen ich auf meine sozialen und persönlichen Erfahrungen reagiere. Hier ist für mich der wesentliche Treffpunkt, um meine Ideen mit anderen auszutauschen. Hier ist der Ausgangspunkt für gemeinsame Projekte in der öffentlichkeit. Hier lerne ich die kreativen Sprachen der anderen kennen. Noch. Das überleben des Ortes ist bedroht. Natürlich ist alles Menschliche nur auf Zeit. Und vielleicht werden irgendwann andere Formen des Handelns notwendig.

nach oben

Alabasterskulptur mit Lichtprojektion Mit gewisser Kontinuität habe ich mich in meiner künstlerischen Arbeit mit der Wahrnehmung und Gestaltung von Räumen beschäftigt. In der archaischsten Form geschieht dies bei der Schaffung von Skulpturen aus Naturstein (meistens Alabaster) oder aus Holz. Die Ausgangsform des Werkstücks bestimmt dabei ganz wesentlich die endgültige Form. Das ursprüngliche Volumen bleibt soweit wie möglich erhalten und es entstehen abstrakte Skulpturen, die kein eindeutiges Oben und Unten besitzen und deren organische Formen von allen Seiten anders wirken. Man erfährt sie visuell und haptisch. Neben diesen klaren Körpern beschäftige ich mich in der Fotografie mit Raumillusionen. Die Fotografie als perfekte zweidimensionale Abbildung von Dreidimensionalem. Um diese mediale Besonderheit transparent zu machen, verwende ich Fotografien als „Haut“ von tatsächlichen Körpern. Zum Beispiel verbinde ich Fotos auf dünnem Barytpapier mit Schwemmholzkörpern. Dabei wird die illusionäre Raumwirkung der Fotografie wieder deutlich.

Eine weitere Symbiose von Fotografie und Raum versuche ich mit Diaprojektionen auf Raumkörper umzusetzen. Bei diesen Lichtinstallationen kommt die Bewegung als weiterer medialer Aspekt hinzu. Diaprojektionen auf bewegtes Wasser oder auf rotierende Materialien. Hier entsteht ein fließender übergang zum Film: bewegtes Licht.

nach oben Bewegtes Licht 'Todos los siglos juntos', Betonskulptur in Santervas, Tierra de Campos (Spanien)

Ein weiteres Interesse gilt der Definition von öffentlichem Raum. Durch skulpturale Eingriffe versuche ich auf Besonderheiten der Umgebung aufmerksam zu machen, die während der zielgerichteten individuellen Durchquerung meistens nicht mehr wahrgenommen werden. Diese „Demonstrativen Skulpturen“ interpretieren das Vorhandene. Bei bestimmten Projekten geschieht die Interpretation von öffentlichem Raum durch Aktionen (z.B: “Wer zieht wen?“, „Wir sind noch einmal davongekommen“, „Niemandsland“).

'Afrika', Installation an Hauswand in Leipzig 'C', Stahlskulptur in Santervas, Tierra de Campos (Spanien) 'halbwegs', Demonstrative Skulptur, Ehrenfeld

Die Atelierarbeit zielt im Idealfall auf die Entwicklung kreativer Rahmenkonzepte, für die ich interessierte Künstler suche. „Lichtblitze“, „Zeitriss“, „Durchblick“, „Here right now“ – diese Serien waren als experimentelle Studien gedacht, in denen nach einer Grundstruktur eine Variation von Einzelkonzepten entstand. Das Atelier als Labor. Lernen als offener kreativer Prozess ohne interne Herrschaftsstrukturen. „Quantität statt Qualität“ war in dieser Hinsicht für einen faulen Menschen wie mich das Nonplusultra. Es gibt allerdings auch ganz deutliche Abnutzungserscheinungen. Wenn sich keine neuen medialen Erfahrungen machen lassen, verzichte ich lieber auf die Variation von alten Konzepten. Keine Rituale! Neues Spiel! Das macht mehr Spaß.

Der zeitliche Abstand der Ereignisse vor Ort ist größer geworden. Es gibt jedoch noch jede Menge Ideen für Eingriffe in den Öffentlichen Raum. Leider läßt sich dabei nicht immer auf die Methode „TATA Wild-west“ zurückgreifen. Und das liebe Geld. Die Selbstausbeutung kennt auch unter Künstlern Grenzen. Dennoch. Die gesellschaftliche Herausforderung an die freie Meinungsäußerung war vielleicht nie größer als heute. Also macht man natürlich weiter. Aus Selbstschutz.

nach oben